Arbeitsweise, Haltung und Ziele

Übergeordnetes Ziel der Angebote des Schreibzentrums für Studierende und Promovierende ist, die Teilnehmenden dazu zu befähigen, ihre wissenschaftlichen Texte (Hausarbeiten, Examensarbeiten etc.) selbstbestimmt und den Anforde­rungen und Konventionen der jeweiligen Textsorte gemäß zu verfassen sowie dabei das Schreiben im Sinne des for­schenden Lernens als Medium des kritischen Denkens zu nutzen. Wir verstehen Schreiben damit – den Ergebnissen der Schreibforschung folgend – als lern- und lehrbar. Und wir wissen durch verschiedene Studien (z. B. Pohl 2007, Steinhoff 2009), dass die Aneignung wissenschaftlicher Schreibkompetenz nur sukzessive und erst im Studium erfolgen kann, aufbauend auf der zuvor erworbenen Schreibkompetenz nach dem Prinzip ‚never change a running system‘, und als Teil der Aneignung fachspezifischer Denk- und Arbeitsweisen.

Daraus resultieren unsere Aufgaben: wissenschaftliche Lese-, Schreib- und Textkompetenz zu vermitteln, Lehrende dafür zu sensibilisieren, dass die Aneignung dieser Kompetenzen ein sukzessiver Lern- und Entwicklungsprozess ist, und Bedingungen an der Universität zu schaffen, unter denen eine gute Entwicklung dieser Kompetenzen für alle Studierenden möglich ist.

Anders als in Tutorien und Veranstaltungen zu Arbeitstechniken, die von Fachlehrenden und Studierenden angeboten wer­den, sind Aspekte der äußeren Gestaltung von Hausarbeiten in unseren Veranstaltungen nur nebenrangig. Im Zentrum unserer Veranstaltungen steht stattdessen, den Teilnehmenden Konventionen und eine Vielzahl möglicher Strategien zu vermitteln, und sie dabei zu unterstützen, sich eine für sie und die jeweilige Textsorte angemessene Vorgehensweise zu erarbeiten bzw. ihre Vorgehensweisen zu reflektieren und auf der Grundlage des Gelernten zu professionalisieren.

Durch die problem- und prozessorientierte Arbeitsweise in den Schreibzentrumsveranstaltungen, in denen das wissen­schaftliche Schreiben (wenn es der Umfang des Lehrformats ermöglicht) durch forschendes Lernen vermittelt wird, steht grundsätzlich die Selbsttätigkeit der Teilnehmenden im Vordergrund. In Kombination von kurzem Input, abwechs­lungsreichen Übungen und anschließender Reflexion in verschiedenen Sozialformen arbeiten die Teilnehmenden an eigenen Themen und Texten und erfahren durch dieses prozesshafte Vorgehen die Prozesshaftigkeit des Schreibens selbst in sinnvollen Schreibarrangements. Indem sie Feedback z. B. auf Ausschnitte ihrer selbst verfassten Texte erhalten – sowohl von Kommilitonen als auch von Dozentinnen –, lernen sie ihre Texte in Bezug auf die an diese gestellten Anforderungen besser einzuschätzen.

Studierende und Promovierende haben so die Möglichkeit, nicht nur ihre aktuellen Texte, sondern vor allem ihr Schreiben zu verbessern, indem sie sukzessive lernen, adäquate Fragestellungen zu entwickeln, sich einen Forschungsdiskurs zu erschließen, eine eigene Argumentation zu erarbeiten, ihr Repertoire an Schreib- und Lesestrategien zu erweitern, sich Textsorten zu erschließen, die Qualität ihrer Texte zu beurteilen, etc.

Lehrende befähigen wir in unseren (nach denselben Prinzipien ausgerichteten) Veranstaltungen dazu, Studierende nach den hier geschilderten Zielen und Annahmen in einem für den jeweiligen Lehrenden in dessen Fachkontext sinnvollen Maß zu unterstützen. Wir betrachten die Lehrenden dabei als Expert(inn)en für ihren Fachkontext. Wir geben ihnen einen Einblick in Ergebnisse der Schreibforschung und vermitteln eine Vielzahl von Methoden und Formaten, die in unterschiedlichen Kontexten in der Arbeit mit Studierenden gut einsetzbar und nachweislich erfolgreich sind. Zudem sensibilisieren wir die Lehrenden für die Bedeutung und die Potenziale, die das Schreiben für das Studium und die Studierenden selbst hat. Wir nehmen dabei eine Vermittlerposition ein: Durch unsere Beratungen und Workshops kennen wir die Perspektive der Studierenden, ihre Probleme und Stärken bei und mit dem Schreiben, ihre Erfahrungen mit Betreuung etc.; als selbst Lehrende kennen wir gleichzeitig die Situation vieler Lehrender, die an der RUB wegen der hohen Lehr- und vor allem Prüfungsbelastung sowie hohen Teilnehmendenzahlen oft problematisch ist. Auf dieser Basis regen wir den Dialog über den vielfältigen Nutzen besserer Schreibförderung an – beispielsweise weniger Korrekturaufwand auf der einen Seite, fachkompetentere Studierende auf der anderen Seite.

Unsere Konzepte und deren Durchführung basieren auf dem aktuellen Stand der schreib- und hochschuldidaktischen Forschung. Wir stellen dies sicher durch regelmäßige Fortbildungen aller Mitarbeiterinnen, Teilnahme an und Ausrichtung von Tagungen, eigene Publikationen sowie regelmäßige Super- und Intervisionen.